Montag, 8. Juni 2009

Europa hat gewählt - und dieses Blog verabschiedet sich

Aus vorbei. Heute hat es noch Nachrichtenwert, morgen wird es wieder in der Versenkung verschwinden. Das Europäische Parlament.

Kommunikationsstrategien müssten her, damit das nicht passiert, aber es wäre wohl eine Illusion zu glauben, dass dies tatsächlich passiert. Das neue Europäische Parlament wird wie das alte sein, wenn es uns nicht gelingt, es anders zu kommunizieren.

Dieses Blog war eigentlich als Idee gedacht, zur dieser Kommunikation beizutragen. Aber der Aufwand ist mir zu groß. Ich werde es deshalb einstellen.

Ich werde weiterhin mein englisches Europablog,
Julien Frisch - Watching Europe
schreiben, und ich kann allen EU- und Europainteressierten nur raten, die europäische Blogosphäre im Auge behalten.

Ich für meinen Teil werde zukünftig die deutsche Blogosphäre verstärkt in den Blick nehmen, dort kommentieren und so versuchen, die Verbindung zur europäischen Ebene zu schaffen. Das sollte effektiver sein als dieses Parallelblog zu schreiben - und ich hoffe so zu einer breiteren, europäisierten Debatte beitragen zu können.

Wenn irgendjemand deutsche Übersetzungen von Texten aus meinem englischen Blog benötigt, schreibt mich einfach an, und wenn die Zeit genügt, mache ich das gerne.

Ansonsten verabschiede ich mich und hoffe, euch andernorts wiederzusehen!

Mittwoch, 27. Mai 2009

Deutschland kritisiert GoogleBooks im EU-Ministerrat

Deutschland hat sich für den morgen und übermorgen stattfindenden EU-Ministerrat zur Wettbewerbspolitik mit einem Schreiben zu Wort gemeldet, in dem eindringlich vor GoogleBook gewarnt und verlangt wird, sich auf EU-Ebene mit diesem Thema zu beschäftigen.

Die EU Kommission soll aufgefordert werden, das Vorgehen von Google, also Bücher ohne vorherige Einwilligung der Rechteinhaber zu scannen, rechtlich zu prüfen und wenn nötig, Rechtsmaßnahmen vorzuschlagen, um das europäische Copyright "zu retten".

Dienstag, 19. Mai 2009

Europawahlen 2009: Wo sind nur die Jungwähler?

Euronews hat einen 8-minutigen Clip zur Europawahlbeteiligung von jungen Menschen, in dem auch die Eurowahlgang ihre Erwähnung findet.

Sehenswert!

Montag, 18. Mai 2009

Zitat des Tages: Bittner über Pöttering

Aus dem ZEIT-Blog von Jochen Bittner:
"Wäre die technische Wissenschaft schon so weit, dass sie für Aufgaben wie Europaparlamentsvorsitzende Protokollroboter herstellen könnte, es würde etwas sehr Pöttering-ähnliches dabei herauskommen."
Für alle die's nicht wissen: Hans-Gert Pöttering ist (noch) Präsident des Europäischen Parlaments.

Europa lohnt sich - EU-Politiker kommen in hohe nationale Ämter

(Original: Europe sells - EU politicians making a national career)

Es gibt die Tendenz, etwas despektierlich über Politiker zu reden, die nach Brüssel gehen, um EU-Parlamentarier oder EU-Kommissar(in) zu werden - als ob der Gang nach Brüssel/Strasbourg/Luxemburg das Ende der Karriere wäre.

Gestern bestätigte EU-Kommissarin Dalia Grybauskaite, die ihr Amt hatte ruhen lassen, um bei den Präsidentschaftswahlen in Litauen anzutreten, den Trend, dass der Weg auch umgekehrt sehr gut funktioniert: Sie wird tatsächlich die erste Präsidentin Litauens, nebenbei auch noch ein wichtiger Schritt dahin, mehr Frauen in Machtpositionen in Europa zu bringen.

Das ist schon der dritte mir bekannte Fall in 14 Monaten, bei denen EU-Politiker eine nationale Karriere machen: Vor kurzem der lettische MdEP Valdis Dombrovskis, der lettischer Ministerpräsident wurde und Anfang letzten Jahres schaffte es der finnische MdEP Alexander Stubb ins Amt des Außenministers seines Landes, wo er gleich den Vorsitz der OSZE übernehmen durfte. Nicht zu vergessen ist auch Toomas Hendrik Ilves, der schon Ende 2006 aus seiner Funktion als MdEP direkt ins Amt des estnischen Präsident wechselte.

Es gibt noch mehr Beispiele, wie sich in den Kommentaren zum englischen Original dieses Artikels zeigt - und wenn ihr auch noch welche habt: Immer her damit!

Donnerstag, 14. Mai 2009

Europawahlen 2009 (102): Junge Kandidaten für das Europaparlament - LYMEC

(Original: European Parliament elections 2009 (102): Youth candidates running for the European Parliament - LYMEC)

Letzte Woche habe ich mich an vier Jugendverbände von Europaparteien - YEPP (die Jugend der Europäischen Volkspartei), ECOSY (die Jugend der europäischen Sozialisten und Sozialdemokraten), LYMEC (die Europäische Liberale Jugend) und FYEG (die Europäische Grüne Jugend) - gewendet und sie nach "ihren" Kandidaten für die Europawahlen 2009 gefragt.

Hier nun die Fragen und Antworten der Organisation, die mir als erstes (und bislang einziges) geantwortet hat - LYMEC:

Julien: Wisst ihr, wer der/die jüngste Kandidat/in von LYMEC oder der Mutterpartei ELDR ist, der/die bei den Europawahlen antritt? Wenn ja, könnt ihr etwas über sie/ihn berichten? (Wenn ihr nicht wisst, wer der oder die jüngste ist, könnt ihr auch über die/den jüngste/n berichten, die/den ihr kennt.)
LYMEC:
Name: Ingrid Lundqvist
Organisation: Die Jugend der Zentrumspartei
Land: Schweden
Alter: 21
E-mail: ingrid.lundqvist [ at ] centerpartiet.se
Persönliches Blog: lundqvist-ingrid.blogspot.com (Sprache: Schwedisch)

"Ich bin auf Platz 35 der Liste der Zentrumspartei und ich bin die jüngste. Ich bin 21 Jahre alt, lebe in Stockholm und interessiere mich besonders für Handel, Umwelt, sowie die Zusammenarbeit von Polizei und Justiz in Fragen der Verbrechensbekämpfung.

Ich träume von einer EU mit offenen Grenzen, in der wir zusammen für eine gesündere Umwelt arbeiten, und zwar weltweit. Ich möchte mich dafür einsetzen, dass jeder Bürger der EU seine Ziele erreichen kann. Ich möchte auch, dass Unternehmen innerhalb und außerhalb der EU zu ähnlichen Bedingungen mit uns Handel treiben können.

Ich hoffe, andere - vor allem junge - Menschen zu inspirieren, sich für Politik zu interessieren."
Julien: Wer im Vorstand von LYMEC tritt bei den Europawahlen an und hat auch gute Chancen, ins Europaparlament zu kommen?
LYMEC:
Alexander Plahr, LYMEC Vizepräsident (für die FDP in Deutschland)
Sibel Redzheb, LYMEC Schatzmeisterin (für die MRF in Bulgarien)

Beide sind nicht ohne Chance gewählt zu werden, und sie arbeiten hart daran, dieses Ziel zu erreichen.
Julien: Seid ihr zufrieden mit der Zahl und den Listenplätzen von jungen liberalen Kandidat/inn/en auf den Wahllisten der liberalen Parteien in den Mitgliedsstaaten?
LYMEC: Wir können sehr zufrieden sein, viele unserer Parteien haben junge Kandidaten aufgestellt und einige sind auch auf Plätzen, auf denen sie eine realistische Chance haben, gewählt zu werden.
Die Antworten schrieb mir Srd Kisevic, Generalsekretär von LYMEC.

Dienstag, 12. Mai 2009

ARD und ZDF mit speziellen Angeboten zur Europawahl 2009

Na endlich: So langsam beginnt die ausführliche mediale Begleitung der Europawahlen.

Die ZDF Mediathek hat für die Europawahlen eine eigene Rubrik eingerichtet, auf der zum jetzigen Zeitpunkt bereits 21 Beiträge

Und auch die ARD hat einen eigenen tag zur Euroawahl, unter dem man unter anderem fast eine Stunde EU-Politik mit Merkel, Müntefering, Gysi, Kühnast, Guttenberg, Koch-Mehrin, Schulz, Ferrero-Waldner im WDR Europaforum vom 9. Mai finden kann.

Auf meinem englischen Blog ist unterdessen der 100. Artikel in der Rubrik "European Parliament elections 2009" erschienen.

Für alle, dies Englischen mächtig sind, und die nachverfolgen möchten, wie sich die Eurowahlkampagne von letzem Juli bis jetzt entwickelt hat, ist das die richtige Anlaufstelle, insbesondere weil ich nicht die Zeit habe, jeden Artikel von dort ins Deutsche zu übersetzen.

Freitag, 8. Mai 2009

Europawahlen 2009: 17. Mai Antragsfrist für EU-Bürger in Deutschland und Deutsche im Ausland

Bitte weitersagen:

EU-Bürger, die bei der Europawahl in Deutschland wählen wollen, und im Ausland lebende Deutsche, die bei der Europawahl ihre Stimme in Deutschland abgeben möchten, müssen bis zum 17. Mai 2009 bei ihrer Gemeindebehörde einen Antrag auf Aufnahme ins Wahlregister stellen:
Europawahl 2009: Am 17. Mai endet Antragsfrist für Deutsche im Ausland und EU-Bürger

WIESBADEN – Der Bundeswahlleiter weist darauf hin, dass der 17. Mai 2009 unter drei Gesichtspunkten ein wichtiger Stichtag bei der Vorbereitung der Europawahl 2009 ist.

Bis zu diesem Tag können Deutsche im Ausland und Unionsbürgerinnen und -bürger in Deutschland, die hier wählen wollen, ihre Eintragung in das Wählerverzeichnis beantragen. Ferner erhalten bis zum 17. Mai 2009 alle Wahlberechtigten für die Europawahl ihre Wahlbenachrichtigung, auf der auch das Wahllokal angegeben ist, in dem sie am 7. Juni 2009 ihre Stimme abgeben können.

Wer bei der Europawahl 2009 in Deutschland wählen will, muss grundsätzlich im Wählerverzeichnis eingetragen sein. Im Wählerverzeichnis sind alle Wahlberechtigten eines Wahlbezirks zusammengefasst. Alle Wahlberechtigten, die am 3. Mai 2009 – dem 35. Tag vor der Wahl – bei der Meldebehörde der Gemeinde mit Hauptwohnung gemeldet waren, werden in das Wählerverzeichnis von Amts wegen eingetragen und erhalten eine Wahlbenachrichtigung.

Deutsche, die im Ausland leben und in Deutschland wählen wollen, müssen so schnell wie möglich einen Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis der Gemeinde stellen, in der sie vor ihrem Fortzug aus Deutschland zuletzt gemeldet waren. Der Antrag muss bis zum 17. Mai 2009 bei der Gemeinde eingehen. Auch Deutsche im Ausland, die bereits bei der letzten Europawahl 2004 auf Antrag in das Wählerverzeichnis eingetragen waren, müssen zur Europawahl 2009 erneut einen Antrag auf Eintragung stellen. Nähere Informationen und das Antragsformular erhalten Deutsche im Ausland bei allen Botschaften und Konsulaten der Bundesrepublik Deutschland oder im Internetangebot des Bundeswahlleiters.

In Deutschland lebende Bürgerinnen und Bürger anderer EU-Mitgliedstaaten, die bei der Europawahl 2009 die deutschen Abgeordneten wählen wollen, müssen ebenfalls in ein deutsches Wählerverzeichnis eingetragen werden. Hierzu müssen sie bei der Gemeindebehörde ihres deutschen Wohnorts einen Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis stellen, der dort bis zum 17. Mai 2009 eingehen muss. Eine Ausnahme gilt für Unionsbürger, die bereits bei der Europawahl 2004 in das Wählerverzeichnis eingetragen waren und seitdem nicht auf Antrag oder wegen Fortzugs in das Ausland aus dem Wählerverzeichnis gestrichen wurden: Sie werden von Amts wegen in das Wählerverzeichnis eingetragen. Nähere Informationen und das Antragsformular erhalten Unionsbürgerinnen und -bürger in Deutschland bei der Gemeindebehörde ihres Wohnorts oder im Internetangebot des Bundeswahlleiters.

Vom 18. bis einschließlich 22. Mai 2009 halten die Gemeindebehörden ihre Wählerverzeichnisse während der allgemeinen Öffnungszeiten für Wahlberechtigte zur Einsichtnahme bereit. Bürgerinnen und Bürger, die bis zum 17. Mai 2009 keine Wahlbenachrichtigung erhalten haben, aber der Meinung sind, dennoch wahlberechtigt zu sein, sollten sich unverzüglich mit dem Wahlamt am Ort ihrer Hauptwohnung in Verbindung setzen, damit eine Nachprüfung erfolgen kann.
Quelle: Pressemitteilung des Bundeswahlleiters vom 05. Mai 2009

Donnerstag, 7. Mai 2009

Umstrukturierung des Generalsekretariats des Europäischen Parlaments

(Original: Restructuring of the European Parliament secretariat)

Klaus Welle, der neue Generalsekretär des Europaparlaments, hat angekündigt, das Sekretariat des Europäischen Parlaments umzustrukturieren und auch ein gesondertes Augenmerk auf Fragen der Informationstechnologie zu lenken:
"Es fand ein Meinungsaustausch mit Herrn WELLE, dem neuen Generalsekretär des EP statt [...] sein erstes Erscheinen im Haushaltsausschuss seit seiner Ernennung am 15. März 2009. Der neue Generalsekretär unterstich die Hauptpunkte seiner Umstrukturierung des Generalsekretariats. Die Hauptveränderung beträfe die Personalabteilung, die in drei Referate unterteilt würde. Er betonte die Notwendigkeit besserer Mitarbeiter-Statuten sowie einer Modernisierung der Laufbahnen, der Mobilität und der Einstellungsverfahren.

Herr WELLE betonte die gestiegene Bedeutung der Infrastruktur und schlussfolgerte, dass es eines neuen Referats bedürfe. Dieses neue Referat würde zusätzliche Aufgaben wie die Instandhaltung der Gebäude aufgetragen bekommen. Der Einsturz der Decke in Strasbourg hatte deutliche gemacht, dass besonders geschultes und bislang noch nicht im EP vorhandes Personal für die Instandhaltung benötigt würde.

Informationstechnologien waren ein weiteres zentrales Element von Herrn WELLEs Arbeitsprogramm als Generalsekretär. Nach seinem Empfinden war diesem zentralen Bestandteil der Steuerung [Original: 'Governance'] über die letzen 10 Jahre kaum Beachtung auf genügend hoher Ebene geschenkt worden.
"
(Quelle: Bericht des Ratssekretariats für die Mitgliedsstaaten über die Sitzung des Haushaltsausschuss des Europäischen Parlaments in Brüssel am 27. April 2009)

Mittwoch, 6. Mai 2009

Gast-Blogger auf "TH!NK ABOUT IT"

Diese Woche schreibe ich als Gast-Blogger auf der europäischen Plattform "TH!NK ABOUT IT", auf der in einem Blog-Wettbewerb je 3 Blogger aus allen 27 Mitgliedsstaaten über Europa, die Europawahlen, und die Situation in ihren Ländern in diesem Kontext berichten.

Wer des Englischen mächtig ist, findet meine Beiträge, die auch schon fröhlich diskutiert wurden, hier.

Dienstag, 5. Mai 2009

Hans-Gert Pöttering über Europa und seine Zeit als EU-Parlamentspräsident

Etwas trocken, etwas lang (fast 20 Minuten), aber immerhin ausführlich redet EVP-Politiker und scheidender EU-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering über die Erfolge und Misserfolge der Europäischen Union während seiner Amtszeit und gibt einen Ausblick auf die kommenden Europawahlen:

Sonntag, 3. Mai 2009

Ehrendoktor Barroso: Wie würdelos!

Juchhu, es ist Wahlkampf und keiner geht hin.

Dafür geht der, um den es keinen Wahlkampf gibt, nach Chemnitz. Und holt sich eine Ehrendoktorwürde ab.

Na toll Herr Barroso, und ganz toll Uni Chemnitz, für diesen herausragenden Schritt, die personifizierte Langeweile und Verkörperung der Probleme der EU zum Ehrendoktor zu machen!

Vielleicht kann man statt der Büste von Karl Marx jetzt einfach Barrosos Kopf irgendwo in die Stadt legen und sie dann in San José umbennen. Gibt's in Deutschland noch nicht.

Ansonsten: Kann mich jemand aufwecken, wenn diese Europawahlen vorbei sind - so langsam gehe ich ein...

(via Europaeum)

Samstag, 2. Mai 2009

Blick über den Tellerrand: Das Europamagazin der ARD und Zoom Europa auf ARTE

Wenn man wie ich aus einer europapolitischen Perspektive auf Europa schaut, und zwar nicht nur auf EU-Institutionen sondern auch über den eigenen Tellerrand, in andere Gegenden und Länder Europas, dann hat man im deutschen Fernsehen nicht so viele klare Anlaufstellen.

Gut gemacht und interessanter als vieles andere sind das Europamagazin der ARD, dessen einzelne Beiträge auch online in der Mediathek angeschaut werden können, und Zoom Europa, das auf ARTE +7 eine Woche nach Ausstrahlung angeschaut werden kann (hier die Sendung dieser Woche).

Die europäische Tagespolitik ist ja von einigen Gipfeltreffen, Krisenerklärungen und wenigen gepushten Direktiven kaum wahrnehmbar, so dass es nur gut und richtig ist, wenn sich zumindest einige Sendungen unserer europäischen Wirklichkeit annehmen.

Was mir aber tatsächlich fehlt im deutschen Fernsehen ist eine echte europapolitische Sendung, eine, die ein Breite von Themen so abdeckt, dass nachvollziehbar wird, wie lokale, nationale und europäische Einflüsse zusammenspielen und so unsere Realität bestimmen. Eine, in der sichtbar ist, dass "Europa" unsere Leben genauso beeinflusst wie es "Deutschland", oder "Hamburg/Berlin/Klein Dorfleben" tun.

Aber oft bleibt dafür nur eine Erwähnung am Rande oder ein eher zufälliger Beitrag, weil's gerade ins Konzept passt. Nur ist Europa halt schon viel weiter.

Wenn's nur unsere Medien auch wären...

Freitag, 1. Mai 2009

europa-transparent über die Debatte um die Arbeit von Europaparlamentariern

Auf europa-transparent gibt es einen langen Artikel über die Debatte der letzten Tage, wie denn nun die Arbeitsleistung von Europa-Abgeordneten zu messen sei.

Hintergrund ist die zwischenzeitliche Schließung der Seite Parlorama in der quantitativ gemessen werden sollte, wie aktiv die EU-Parlamentarier in der letzten Legislaturperiode waren. Die Seite wurde nach einer großen Zahl zunächst geschlossen, soll aber demnächst wieder reaktiviert werden.

Fünf Jahre EU-Erweiterung: Ein persönlicher Rückblick

(Original von kurz nach Mitternacht: Five years of European Union enlargement: A personal review)

Ich weiß genau, wo ich vor fünf Jahren war, um Mitternach des 1. Mai 2004, dem Moment, in dem die Europäische Union um acht mittel- und osteuropäische Staaten und zwei Länder aus dem Mittelmeer erweitert wurde.

Ich war im östlichen Zentrum von Berlin, auf einer öffentlichen Party zum Feier der Erweiterung, und kurz vor 24 Uhr zählten wir von 10 abwärts, und um Mitternacht begrüßte eine fröhliche Menge von zumeist jungen Menschen unsere neuen "Mitbewohner".

Das war ein glücklicher Moment für Europa und die Europäische Union, und ich muss zugeben, auch für mich.

Als relativ frankophiler Mensch hingen meine Augen und mein Herz eher am Westen. Aber die Erweiterung hat diesen Blickwinkel verändert, und ich habe auch eine der ersten Gelegenheiten genutzt, eine Reihe der neuen Mitgliedsstaaten zu besuchen. Und nur neun Monate nach der Erweiterung bin ich sogar in einen der neuen Mitgliedsstaaten gezogen.

Das war der Beginn meiner zweiten Europäisierung, ich der ich zu diesem Zeitpunkt schon überzeugter Europäer war. Ich habe meinen Blick neu ausgerichtet; ich lernte Europa als ein erweitertes Konzept zu verstehen, die wirkliche Bedeutung dieses offenen Raumes und der Ideale von Freiheit und Einheit wahrzunehmen. Ich begann zu verstehen, dass Europa und diese besondere Union nicht nur Ziele waren, die man erreichen wollte, sondern dass dies nur die Grundlage für die Erreichung weiterer Ziele ist.

Seit der Erweiterung habe ich Häuser/Wohnungen und (neue) Freundschaften mit Bulgaren, Deutschen, Ukrainern, Finnen, Ungarn, Spanien, Esten, Moldauern, Österreichen, Serben, Russen geteilt (Reihenfolge zufällig), ich habe gute Beziehungen zu vielen anderen europäischer Mitbürgern aufgebaut, und ich glaube ich habe es geschafft, über die letzten fünf Jahre mit wenigstens eine Person aus fast jedem Land dieses Kontinents zu sprechen.

Die Erweiterung war ein Erfolg, unabhängig von den technischen Problemen, die es gab und auch noch immer noch gibt, weil sie uns Perspektiven geöffnet hat, weil nicht nur die EU erweitert wurde, sondern auch unser Horizont.

Klar, manchmal ist es nicht leicht mit einer größeren Zahl von Menschen und Staaten umzugehen; jeder hat seine eigenen Interessen, Hoffnungen, Vision, jedes Individuum, und zu einem gewissen Grad auch jedes Land. Nur müssen wir verstehen lernen, dass diese Interessen nicht wirklich die Interessen von Ländern und Nationen sind, sondern dass sie, wenn man nur seine nationale Brille ablegt, sehr ähnliche Probleme von Individuen und Gruppen sind, die in unterschiedlichen aber doch vergleichbaren Situationen leben.

Der durchschnittliche polnische Bauer hat keiner anderen Interessen als der durchschnittliche französische Farm, und der IT-Spezialist aus Estland denkt wohl ganz ähnlich wie ein IT-Spezialist aus Irland. Die meisten Leute, die ich getroffen habe, teilen den Wunsch, mobil sein zu dürfen - ob nun für eine Kurztrip, einen Austausch, oder für den Rest des Lebens; ob für 10 Kilometer oder 2000 Meilen -, weil es ihnen die Möglichkeit gibt, ihre eigenen kleinen und großen Träume wahr werden zu lassen. Das heißt, wir haben alle eine ähnliche Geschichte, egal ob die Figuren unterschiedlich aussehen oder die Regisseure einen unterschiedlichen Stil haben.

Die EU-Erweiterung erzählt uns diese Geschichte, die Geschichte dass wir in der Lage sind, den "anderen" zu integrieren, weil der "andere" eigentlich ist wie wir.

Wir verlieren uns manchmal in institutionellen Debatten, die ja auch richtig sind, weil Einheit in Vielfalt nicht immer ein natürlicher Prozess sondern das Ergebnis von gut gestalteten institutionellen Lösungen ist. Aber der innere Wert der Erweiterung(en) und die Erweiterungsperspektive sind beides Triebfedern für die, die schon im Club sind und auch die, die noch hinein möchten.

Ohne feste Erweiterungsperspektiven, vom westlichen Balkan, über die osteuropäischen Staaten bis hin zur Türkei, wenn sie irgendwann bereit dazu ist, gibt es keinen Bedarf und keinen Anstoß, unsere Ansichten zu verändern, keinen Grund zur Reform, weder in diesen Ländern noch in der Europäischen Union selbst. Wenn wir uns zufriedengeben mit dem, was wir schon erreicht haben, werden wir den Blick dafür verlieren, was wir immernoch erreichen können.

Heute feiere ich fünf Jahre EU-Erweiterung, und ich feiere es in der Hoffnung, bald wieder den Beitritt neuer Länder in die Union feiern zu können - auch, weil ich über die letzten Jahre eines auch noch verstanden habe:

Es gibt nichts besseres, als mit seinen Mit-Europäern zu feiern!

Mittwoch, 29. April 2009

Europawahlen 2009 (92): Wie die EVP in Warschau Europa gewinnen wird (nur mich nicht)

(Original: European Parliament elections 2009 (92): How the EPP is going to win Europe (but not me))

Heute und morgen trifft sich die Europäische Volkspartei (EVP), also die europäischen Konservativen, Christdemokraten und Mitte-Rechts Parteien, zu ihrem Kongress in Warschau, um endlich ihr Wahlprogramm zu verabschieden und ihre Wahlkampagne zu starten.

Get the Flash Player to see this player.


Die EVP hinkt damit weit hinter allen anderen großen europäischen Parteien hinterher, sowohl was das Wahlprogramm als auch was die Wahlkampagne angeht. Aber in Warschau werden sich all die großen Führungspersönlichkeiten der EVP treffen - das Programm liest sich wie ein Who-is-Who der europäischen Mächtigen und Machtmissbrauchenden - und alles in die Gänge leiten.

Sie werden ihre vergangenen Siege feiern und Europa versichern, dass sie erneut als Sieger vom Platz gehen werden.

Sie werden ihren Wahlprogrammentwurf ohne größere Veränderungen verabschieden; jede Änderung wäre ja ein demokratischer Schritt, der womöglich die Wahlkampagne gefährden könnten.

Sie werden die Langweiligkeit und Schwäche von Barroso, die emotionslose Effizienz von Angela Merkel, die Eskapaden von Berlusconi und Sarkozy genauso glorifizieren wie den grummeligen Hans-Gert Pöttering, seines Zeichens EU-Parlamentspräsident, und (wenn's gut läuft) all das mit so grandiosen Europäern wie Jean-Claude Juncker übertünchen.

Wie siegessicher die EVP ist, die europaweiten Umfragen sprechen ja für sie, kann man in diesem selbstbeweihräuchernden Video sehen, das auch noch all jene Elemente vermissen lässt, die ein solches Video für die Youtube-Zielgruppe interessant machen würde (im Moment des Schreibens haben nur knapp über 72 Menschen dieses Video auf Youtube angeschaut...):



Also vielleicht bin ich ja zu europtimistisch, zu überzeugt, dass europäische Politik auch von einer echten europäischen Vision geleitet sein sollte, um die positiven Impulse zu entdecken, die von der EVP ausgehen.

Bislang habe ich aber noch nichts und (fast) niemanden von der EVP kommen sehen, das mich überzeugen würde, dass diese Partei und ihre Leute das Richtige für Europa und die Europäische Union wären!

(Mal sehen, wie der Kongress läuft; neben dem Livestream der EPP will auch New Europe versuchen, von dort zu berichten.)

Französische Finanzministerin lobt europäische Zusammenarbeit in amerikanischer Comedy-Show

(Original: French finance minister praises EU co-operation in Jon Stewart's Daily Show )

Während die eine französische Ministerin die Europawahlen verunglimpft, schafft es die andere, Christine Lagarde, die Europäische Union in den US-amerikanischen Comedy-Nachrichten "The Daily Show with Jon Stewart" absolut glaubwürdig und in bestem Englisch zu loben und zu verteidigen:

The Daily Show With Jon StewartM - Th 11p / 10c
Christine Lagarde
thedailyshow.com
Daily Show
Full Episodes
Economic CrisisPolitical Humor


Das nenne ich eine vorbildliche Botschafterin für die Europäische Union und die europäische Zusammenarbeit, da können sich andere in ihrer Partei - auch der gute Präsident Sarkozy - gerne eine Scheibe von abschneiden!

Europawahlen 2009 (91): Wie eine französische Ministerin die Wahlen verunglimpft

(Original: European Parliament elections 2009 (91): French minister and EP candidate ridicules the European elections)

Während einer Veranstaltung der UMP-Jugendorganisation (die UMP ist Nicolas Sarkozys Partei) hat die französische Justizministerin und Nummer Zwei der UMP-Liste für die Europawahlen, Rachida Dati, die Wahlkampagne verunglimpft und sich damit selbst diskreditiert:



Auf Taurillon gibt es dazu einen hervorragenden Artikel mit dem Titel "Rote Karte für Rachida Dati und ihre arge Europa-Inkompetenz". In dem Artikel erklärt Laurent diesen unglaublichen Aussetzer mit der Tatsache, dass Dati diese Kampagne eher als Herabsetzung begreift, nicht als politische Chance.

Politisch in Ungnade gefallen, wurde sie für die Europaliste nominiert, um danach von ihrem Posten als Justizministerin zu verschwinden, und nicht weil sie sich als überzeugte Europäerin hervorgetan hatte. Man könnte also sagen, dass sie frustriert sein dürfte.

Aber trotzdem: In eine solche Veranstaltung völlig unvorbereitet zu kommen, wie ein kleines Kind kichern, und sich wie ein absoluter Neuling und nicht wie ein Profi zu präsentieren, ruiniert nicht nur ihre Reputation, sondern zerstört auch eine Menge Glaubwürdigkeit dieser Europawahlen, die auch sonst schon nicht über Herablassung klagen können.

Und auch wenn ich es zu schätzen weiß, dass die Wahlkampagne in Frankreich viel lebendiger und aktiver ist als in vielen anderen EU-Staaten, so ist es doch untragbar, abgehalfterte Politiker für einen Job zu nominieren, der eigentlich Offenheit für Neues verlangt.

Vielen Dank dafür, Herr Sarkozy!

Dienstag, 28. April 2009

Die Parlamentarische Versammlung debattiert über den nächsten Generalsekretär des Europarates

(Original: Parliamentary Assembly debates next Secretary General of the Council of Europe and celebrates the CoE's 60th anniversary)

Nein, der Europarat ist nicht der Rat der Europäischen Union, er ist eine unabhängige Internationale Organisation mit 47 Mitgliedsstaaten des gesamten Kontinents.

Der Europarat ist eine Europäische Union light, er ist wie der intelligente ältere Bruder von dem alle dachten, dass er mal der Stolz der Familie werden würde, nur dass der jüngere Bruder Wirtschaft studierte, reich wurde (mit Kohle und Stahl), und so für alle in der Familie Geschenke kaufen und zum Lieblingsjungen werden sollte. Der ältere Bruder studierte Philosophie, kam herum, hatte immer mehr echte Freunde, schrieb die besseren Bücher, hatte die besseren Antworten parat und war bei seinen Kollegen und allen die ihn kannten respektiert - nur hatte er halt nie genug Geld und Aufmerksamkeit, um sich beliebt zu machen.

Dieser ältere Bruder, der Europarat, feiert dieses Jahr seinen 60. Geburtstag.

In dieser Woche trifft sich die Parlamentarische Versammlung des Europarates - die der Beratenden Versammlung, dem Vorgänger des Europaparlaments, sehr ähnlich ist - zu ihrer zweiten von vier jährlichen Sitzungen. Parlamentarier aus den 47 Mitgliedsstaaten diskutieren in Strasbourg Fragen von allgemeiner Wichtigkeit und Dringlichkeit.

Natürlich spielt auch der Geburtstag des Europarates eine besondere Rolle während dieser Sitzungswoche. In seiner Geburtstagsrede im Anschluss an diesen kleinen Film, fasste Lluís Maria de Puig, der Präsident der Parlamentarischen Versammlung die Arbeit des Europarates wie folg zusammen:
"Der Europarat ist vor allem eine moralische Größe. Diese Größe wird auf unterschiedlichste Weise, aber mit dem gleichen Ziel, zum Ausdruck gebracht, durch die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der dieses Jahr seinen 50. Geburtstag feiert, durch das Ministerkomitee, welches die Regierungen vertritt, durch die Institution des Menschenrechtskommissars, durch die Venedigkommission und durch das Europäische Jugendzentrum, um nur ein paar zu nennen, und natürlich auch durch diese Versammlung, die über die gewählten Vertreter die Stimme von 800 Millionen Europäern nach außen trägt."
Die wichtigen Themen dieser Sitzungswoche werden die drei Dringlichkeitsdebatten sein:
  • zur Situation in der Republik Moldau;
  • zur Nicht-Ratifikation des 14. Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention; und
  • zur Wahl des nächsten Generalsekretärs des Europarates.
Die regelmäßigen Leser meines englischen Blogs werden wissen, warum das erste Thema wichtig ist (zum Nachlesen hier und hier).

Das zweite Thema ist schon ein alter Bekannter für Europaratkenner, seit bestimmt vier Jahren: 46 von 47 Mitgliedsstaaten des Europarates (die damit alle auch die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) inklusive einiger Zusatzprotokolle ratifiziert haben), haben das 14. Zusatzprotokoll zur EMRK unterzeichnet und ratifiziert, und das schon seit Jahren. Nur Russland, obwohl es das Protokoll unterzeichnet hat, weigert sich, es zu ratifizieren. Diese Protokoll soll nämlich die Arbeitsweise des Menschenrechtsgerichtshofs, der über die EMRK wacht, reformieren und vereinfachen, weil der Europäische Menschenrechtsgerichtshof mit Fällen überlastet ist und schneller arbeiten können muss, um seiner Aufgabe noch gerecht werden zu können. Aber da Russland natürlich nicht davon profitieren würde, wenn mehr Fälle (auch gegen Russland) abgeschlossen würden, blockiert es die Reform, die nur in Kraft treten kann, wenn alle 47 Staaten das Protokoll ratifiziert haben.

Das dritte Thema werden die meisten von euch vermutlich noch nicht auf dem Schirm haben. Der Europarat bekommt dieses Jahr einen neuen Generalsekretär. Der amtierende, Terry Davis, darf nicht noch einmal antreten, und so wurden die Mitgliedsstaaten aufgerufen, Kandidatenvorschläge für einen Nachfolger einzureichen.

Verschiedenen Quellen zufolge (z.B. die hier und die hier), gab es vier Kandidaten (die Frist hierfür war bereits im März abgelaufen), von denen, nach einer internen Abstimmung auf diplomatischer Ebene vergangene Woche (die unbestätigten Resultate sind hier veröffentlicht) nur die ersten zwei der unten stehenden Namen der Parlamentarischen Versammlung bei ihrer nächsten Sitzung im Juni vorgelegt werden.

Die Kandidaten sind (bzw. waren):
Der endgültigen Tagesordnung zufolge, wird die Debatte über den nächsten Generalsekretär am Mittwoch ab 15 Uhr stattfinden; die Diskussion zur Republik Moldau folgt dann im Anschluss. Das 14. Zusatzprotokoll steht am Donnerstag auf der Tagesordnung.

Da die gesamten Sitzunge via Livestream gezeigt werden, kann man sich das durchaus anschauen.

Es scheint also eine interessante Geburtstagswoche zu werden, und hinzu kommen noch Reden von Tarja Halonen, der finnischen Präsidentin und des spanischen Ministerpräsidenten José Luis Rodríguez Zapatero.

Zum Abschluss bleibt eigentlich nur eine Bitte: Ich weiß, dass der Europarat von den meisten ignoriert und von einigen gering geschätzt wird, aber die Themen, die er bearbeitet und die Breite der Länder, die er abdeckt, machen ihn zu einer der drei großen europäischen Organisationen, neben der EU und der OSCE. Ich kann nur empfehlen mitzuverfolgen, was in seinen unterschiedlichen Organen und Institutionen passiert, denn auch wenn die politische Wirkung nicht immer sichtbar sein mag, so spielt der Europarat doch in vielen Fällen, nicht zuletzt in Osteuropa und in Verbindung mit Gerichtsurteilen des Menschenrechtsgerichtshofs, eine zentrale Rolle für die Sicherung der europäischen Werte, insbesondere für den Schutz der Menschenrechte!

Ich wünsche dir daher alles Gute zum Geburtstag, Bruder Europarat, und wünsche viel Glück und gutes Gelingen für die Zukunft!

(Anmerkung: Das englische Original dieses Beitrags war der 500. Artikel von "Watching Europe". Da war es nur konsequent, ihn einer pan-europäischen Organisation zu widemen, die älter ist als die Europäische Union, die - was viele nicht wissen - die Mutter der Europäischen Flagge und der Europahymne ist, die in fast alle Bereiche des europäischen Kontinents reicht, und die sich den Werten verschrieben hat, die auch Antrieb für meine persönliche, politische und berufliche Arbeit sind: Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit!)

Montag, 27. April 2009

Eurowahlgang-Video "Warum ich am 7. Juni wähle"

Als Ergänzung zum letzen Artikel, hier noch ein kurzes Video mit "Eurowahlgangstern", die mitteilen, warum sie am 7. Juni bei den Europawahlen wählen gehen:

Die "Eurowahlgang" der Politikfabrik für die Europawahlen 2009: Gelungene Kick-Off Veranstaltung

(Das ist eine tolle Gelegenheit, den ersten deutschen Beitrag in diesem Blog zu schreiben. Eine Übersetzung für die englische Version des Blogs gibt es dann später.)



Sonntagabend war ich auf der Kick-Off Veranstaltung der Eurowahlgang, einer ehrenamtlich Initiative der studentischen Politikfabrik, im Europahaus in Berlin.

Die Eurowahlgang hat sich zum Ziel gesetzt, junge Menschen in ganz Deutschland für die Europawahlen zu interessieren und zu begeistern, insbesondere mit Diskussionsveranstaltungen in 80 deutschen Städten (für die 80 junge "Wahlgangster" als Botschafter rekrutiert und geschult wurden), aber auch mit Print-, Audio-, und Videomaterialien, die in ganz Deutschland verteilt und gezeigt werden sollen.

Die Veranstaltung zum Start der Aktionen heute Abend war ein voller Erfolg, ohne Abstriche!

Geladen waren Vertreter der fünf deutschen im Europäischen Parlament vertretenen Parteien.


Von links:
Die Stimmung war hervorragend, und die Mischung von jungen Leuten, über 200 waren es bestimmt, exzellent.

Man kann ja über Europawahlen, Politik und junge Menschen eine Menge dummes und intelligentes Zeug erzählen, aber in dem Raum da habe ich nichts von Desinteresse, fehlender Begeisterung, Politikverdrossenheit gespürt.

Wenn Leidenschaft für europäische Politik und Bereitschaft zum Engagement für eine gemeinsame Sache über 200 junge Leute zusammenbringt, dann bleibt wenig übrig von solchem negativen Gerede. Und da können auch die Euroskeptiker landauf- und landabwärts um sich schlagen was das Zeug hält, so viel positive Atmosphäre können sie ihren Lebtag nicht erzeugen!

Auch die Kandidaten (sowie der Moderator) schienen sich in einem Raum europa- und politikbegeisterter junger Menschen wohlzufühlen. Die Diskussion war offen, direkt und vor allem europäisch, und auch wenn manchmal noch der typische Politiker-Sprech durchbrechen musste, schienen sich die fünf MEPs doch ganz gut an das Publikum anpassen zu können.

Einzig Pöttering machte mehrfach keine gute Figur, grummelt Rebecca Harms an, erzählte ausschweifende Geschichten, die seine politischen Überzeugungen belegen sollten (aber einfach nur langweilig waren), und fuhr auch einem der Fragenden über den Mund. Wenn ich einen nach heute Abend nicht wählen würde, dann Pöttering.

Ich könnte eine Menge über die Veranstaltung schreiben, aber weil das deutlich zu lang würde, hier einfach mal eine Liste der Fragen bzw. Themen, die die jungen Zuschauer im Saal interessierten, und zu denen sie Antworten und Kommentare von den Kandidaten wollten:
  • geringe Wahlbeteiligung als Ergebnis von fehlender Information oder fehlender Identifikation?
  • Militarisierung der EU?
  • Initiativrecht für das Europaparlament?
  • Bedeutung des Bundestages im Verhältnis zum EP?
  • Unterschiedliche Wertigkeit der Wählerstimmen in verschiedenen Mitgliedsstaaten
  • Europa ohne Nationen - Europa der Regionen?
  • Rolle der Religion in Europa?
  • warum nicht weniger Streit zwischen Politikern?
  • Aufnahme der Türkei in die EU?
  • Abbau von Agrarsubventionen?
  • Meinung zu Lissabon-Vertrag?
  • Volksentscheide für Vertragsänderungen?
  • Länge der Wahlzettel (weil ziemlich lang in einigen Bundesländern)
  • wie Wohlstand in Europa sichern?
  • Berücksichtigung der Meinung von Jugendorganisationen bei europäischer Politik?
Die fünf auf dem Podium pickten sich wegen der großen Zahl der Fragen die heraus, die ihnen am besten gefielen, und so fielen auch die Antworten meist relativ befriedigend aus, was der Saal mit häufigem aber ehrlichem Applaus wohlmeinend annahm, unabhängig von wem die Antwort kam.

Eine Sache, die "fraktionsübergreifend" hervorgehoben wurde, ist die besondere Rolle des einzelnen Abgeordneten im Europäischen Parlament:

Anders als in nationalen Parlamenten mit ihren Fraktionszwängen und Regierungsmehrheiten, besitzt der Europaabgeordnete, so die einhellige Meinung, viel Mehr Freiheiten bei der Mehrheitsbeschaffung, auch über Fraktionsgrenzen hinweg, und auch was das persönliche Abstimmungsverhalten angeht. Politisch scheint das sehr angenehm zu sein, und es hatte auch nicht den Anschein, als wenn auch nur eine/r der fünfen auf dem Podium seinen Job in Strasbourg/Brüssel gegen einen Sitz im Bundes- oder in einem deutschen Landtag tauschen würde.

Insgesamt ein echt gelungener Abend, hat mir großen Spaß gemacht, und ich kann nur hoffen, dass die 80 Wahlgangster diese Begeisterung mit "in die Provinz" nehmen und dort noch viel mehr junge Menschen für Europa und die Europawahlen begeistern können!

Merci an die Wahlgang und die ganze Politikfabrik!

(Anmerkung: Der Autor dieses Blogs ist nicht Teil der Wahlgang-Initiative, sondern schreibt seit letzem Juli auf seinem englischen Europa-Blog über verschiedene Aktivitäten im Vorlauf der Europawahlen 2009.)

Nachtrag: Natürlich kann man alles auch negativ sehen und klein machen wie auf sueddeutsche.de - aber mehr Europa schafft man nicht durch trockenen deutschen Journalismus, der eine solche Aktion nicht einmal in einen europäischen Kontext zu setzen vermag!

Gratulation, Herr Reese, für fehlende Begeisterung verpackt in sachlichen Journalismus!

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PS.: Ich hatte in einem früheren Beitrag festgestellt, dass das Informationsbüro des Europaparlaments noch nicht wirklich von der Europawahl dominiert wird.

Die Vertreterin der Kommission (die demnächst nach Brüssel zurückkehrt und durch Matthias Petschke ersetzt wird, hat allerdings heute angemerkt, dass bereits seit Oktober die gesamten finanziellen und personellen Ressourcen der Kommissionsvertretung dem EP-Büro für die Europawahlen zur Verfügung gestellt worden seien. Das mir nichts aufgefallen ist heißt also nicht, dass nichts passiert.

Außerdem habe ich das Europahaus jetzt mal aus der Ferne gesehen, und zumindest da kann man es nicht übersehen, dass - und wann - die Europawahlen kommen.

Sonntag, 26. April 2009

10 Jahre Bologna-Prozess: Bericht eines Scheiterns

(Original: 10 years of the Bologna Process: A more or less great failure)

Kommende Woche, am Dienstag und Mittwoch, treffen sich die Bildungsminister von 46 europäischen Staaten, EU-Kommissar Jan Figel, und weitere Vertreter internationaler und europäischer Organisationen, z.B. der Europarat, die UNESCO, die Europäische Studierendenunion (ESU), in Leuven (Belgien) um 10 Jahre Bologna-Prozess zu feiern.

Dieser Prozess war damals gestartet worden, um das Studieren in Europa vergleichbarer, verlässlicher, transparenter zu machen. Für manche wurde er als Möglichkeit gesehen, die Zeit des Studiums so zu reduzieren, das junge Menschen schneller auf den Arbeitsmarkt kämen. Und das wichtigste Ziel war, die Mobilität von Studierenden zu erhöhen, während des Studiums und zwischen den drei neu eingeführten Zyklen (Bachelor, Master, Doktorstudium).

Im Prinzip sind all diese Ziele unterstützenswert, und so hätte der Prozess die Situation von Studierenden und Wissenschaftlerinnen/Wissenschaftlern in ganz Europa verbessern können.

Aber abgesehen von einigen oberflächlichen Veränderungen ist der Prozess gescheitert.

Die Mitgliedsstaaten haben ihn nicht ernst genug genommen. Universitätsleitungen haben ihn benutzt, um Strukturen einzuführen, die mehr ihren organisatorischen Interessen dienen als dem Wohl von mobilen Studierenden. Die Koordinierung war armselig, und so ist Studieren in Europa heute nicht vergleichbarer als noch vor 10 Jahren.

Die Europäische Studierendenunion (ESU; früher ESIB), vermutlich einer der kompetentesten Akteure in diesem Kontext, hat das in ihrer Pressemitteilung zur 2009-er Ausgabe ihres Berichts "Bologna aus studentischer Sicht" mehr als deutlich gemacht:
"Zwar wurden Fortschritte bei der Einführung 'struktureller' Reformen wie des Dreierzyklus (Bachelor, Master, Doktorstudium) gemacht, aber inhaltliche Reformen in Hinblick auf Mobilität, die soziale Dimension und die Beteiligung von Studierenden wurden weitgehend ignoriert, was eine massive Lücke im Kern des Prozesses hinterlässt.

Der Bericht zeigt, dass europäische Studierenden auch 10 Jahre nach Einführung des Prozesses immer noch riesige Hürden vorfinden, z.B. durch sozio-ökonomische Bedingungen, Familiensituation und Genderfragen, dass sie nicht als gleichberechtigte Partner in den akademischen und administrativen Strukturen anerkannt sind, und dass sie weitgehend nicht in der Lage sind, von der Möglichkeit, mobil zu sein, Gebrauch machen zu können."
Und es geht weiter:
"Das heißt, der Bologna-Prozess ist in großer Gefahr, sich als oberflächliche Neugestaltung der europäischen Hochschulstrukturen herauszustellen, und nicht als ein konsequenter Paradigmenwechsel akademischer Bildung."
Die ESU zeigt in ihrem Bericht aber auch, dass in einigen Bereichen immerhin kleine Fortschritte zu beobachten sind und man nicht alles schwarzmalen muss.

Doch es bleibt festzustellen, dass die Kernelemente der Reform in Europa trotzdem niemals wirklich ernst genommen wurden.

Der 10. Geburtstag des Bologna-Prozesses ist daher nicht die richtige Zeit zu feiern, sondern sollte eher als Gelegenheit genutzt werden darüber nachzudenken, was alles schief gelaufen ist, und wie man die Ideen - und Ideale - von Bologna vielleicht doch noch retten kann.

Samstag, 25. April 2009

Europawahlen 2009 (89): Die lustige Negativkampagne der SPD

(Original: European Parliament elections 2009 (89): German campaign starts creative)

Die SPD beginnt ihren Wahlkampf mit einem Paukenschlag und einer witzigen Negativkampagne.



Schief und krumm habe ich mich gelacht, das ist immerhin mal was Kreatives. Wenn nur die Gegenseite nicht so schnell wäre...





Das verspricht ja immerhin, ein lustiger Wahlkampf zu werden...!

(via Blogfürst)

Freitag, 24. April 2009

Europawahlen 2009 (88): Die Auftaktveranstaltung zur Wahlkampagne der Europäischen Sozialisten

(Original: European Parliament elections 2009 (88): The PES campaign launch (my Twitter coverage))

Ich hab mir heute Abend doch tatsächlich zweieinhalb Stunden Livestream der Auftaktveranstaltung der Wahlkampagne der Europäischen Sozialisten und Sozialdemokraten (PES) angetan. Das ist sogar für einen Politik- und Europabesessenen wie mich ein ziemliche Herausforderung.

Ich habe live von der Veranstaltung getwittert, und in der englischen Version dieses Beitrags finden sich auch alle Tweets von heute Abend wieder (habe leider keine Zeit für eine deutsche Übersetzung).

Was zu sagen ist, ist das Folgende: Es ist schon ziemlich enttäuschend, dass die Sozialisten, trotz des an den Tag gelegten Optimismus' und Kampfesgeists, nicht den Mumm in den Knochen hatten, ihren Gegenkandidaten gegen Barroso für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten aufzustellen. So werden sie diese Europawahlen, bei allem guten Willen, großer Visionen und Hoffnungen nicht gewinnen.

Ich bin ziemlich enttäuscht!

Ansonsten war die Veranstaltung etwas zu lang, aber dank der guten Stimmung im Saal nicht langweilig.

Europawahlen 2009 (87): Die österreichischen Grünen und die Bildsprache von Wahlplakaten

(Original: European Parliament elections (87): The Austrian Greens and the picture language of billboards)

Max Kossatzvom österreichischen Blog Wissen belastet hat sich das Wahlplakat der österreichischen Grünen etwas genauer angeschaut.

Dass es auf Delacroixs "La Liberté guidant le peuple" basiert ist eindeutig, aber Max fügt dem folgende Bemerkung hinzu:
Auf dem Wahlplakat sieht man leider nicht worauf die Personen stehen.

Denn im Original stehen sie auf Leichen!
Nicht die günstige Bildsprache, möchte man meinen...

Max weist außerdem darauf hin, dass die Bildsprache der österreichen Sozialdemokraten nicht wirklich europäisch ist, sondern sich klassischer nationaler Symbolik bedient.

(via Timpo auf Twitter)