Sonntag, 26. April 2009

10 Jahre Bologna-Prozess: Bericht eines Scheiterns

(Original: 10 years of the Bologna Process: A more or less great failure)

Kommende Woche, am Dienstag und Mittwoch, treffen sich die Bildungsminister von 46 europäischen Staaten, EU-Kommissar Jan Figel, und weitere Vertreter internationaler und europäischer Organisationen, z.B. der Europarat, die UNESCO, die Europäische Studierendenunion (ESU), in Leuven (Belgien) um 10 Jahre Bologna-Prozess zu feiern.

Dieser Prozess war damals gestartet worden, um das Studieren in Europa vergleichbarer, verlässlicher, transparenter zu machen. Für manche wurde er als Möglichkeit gesehen, die Zeit des Studiums so zu reduzieren, das junge Menschen schneller auf den Arbeitsmarkt kämen. Und das wichtigste Ziel war, die Mobilität von Studierenden zu erhöhen, während des Studiums und zwischen den drei neu eingeführten Zyklen (Bachelor, Master, Doktorstudium).

Im Prinzip sind all diese Ziele unterstützenswert, und so hätte der Prozess die Situation von Studierenden und Wissenschaftlerinnen/Wissenschaftlern in ganz Europa verbessern können.

Aber abgesehen von einigen oberflächlichen Veränderungen ist der Prozess gescheitert.

Die Mitgliedsstaaten haben ihn nicht ernst genug genommen. Universitätsleitungen haben ihn benutzt, um Strukturen einzuführen, die mehr ihren organisatorischen Interessen dienen als dem Wohl von mobilen Studierenden. Die Koordinierung war armselig, und so ist Studieren in Europa heute nicht vergleichbarer als noch vor 10 Jahren.

Die Europäische Studierendenunion (ESU; früher ESIB), vermutlich einer der kompetentesten Akteure in diesem Kontext, hat das in ihrer Pressemitteilung zur 2009-er Ausgabe ihres Berichts "Bologna aus studentischer Sicht" mehr als deutlich gemacht:
"Zwar wurden Fortschritte bei der Einführung 'struktureller' Reformen wie des Dreierzyklus (Bachelor, Master, Doktorstudium) gemacht, aber inhaltliche Reformen in Hinblick auf Mobilität, die soziale Dimension und die Beteiligung von Studierenden wurden weitgehend ignoriert, was eine massive Lücke im Kern des Prozesses hinterlässt.

Der Bericht zeigt, dass europäische Studierenden auch 10 Jahre nach Einführung des Prozesses immer noch riesige Hürden vorfinden, z.B. durch sozio-ökonomische Bedingungen, Familiensituation und Genderfragen, dass sie nicht als gleichberechtigte Partner in den akademischen und administrativen Strukturen anerkannt sind, und dass sie weitgehend nicht in der Lage sind, von der Möglichkeit, mobil zu sein, Gebrauch machen zu können."
Und es geht weiter:
"Das heißt, der Bologna-Prozess ist in großer Gefahr, sich als oberflächliche Neugestaltung der europäischen Hochschulstrukturen herauszustellen, und nicht als ein konsequenter Paradigmenwechsel akademischer Bildung."
Die ESU zeigt in ihrem Bericht aber auch, dass in einigen Bereichen immerhin kleine Fortschritte zu beobachten sind und man nicht alles schwarzmalen muss.

Doch es bleibt festzustellen, dass die Kernelemente der Reform in Europa trotzdem niemals wirklich ernst genommen wurden.

Der 10. Geburtstag des Bologna-Prozesses ist daher nicht die richtige Zeit zu feiern, sondern sollte eher als Gelegenheit genutzt werden darüber nachzudenken, was alles schief gelaufen ist, und wie man die Ideen - und Ideale - von Bologna vielleicht doch noch retten kann.

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